Meine kleine Tour de Suisse. Nachtrag

Was bleibt von so einer Tour? Hier ein paar meiner Gedanken:
  • Ob Mountainbike oder Rennrad: Eine Tour in den Bergen ist ein unvergessliches Erlebnis und ein Boost fürs Ego, gleichzeitig lehrt sie Demut vor der Größe der Natur. Try it!
  • Rennradfahren bedeutet Freiheit, Leichtigkeit, puristisches Fahren. Was stört da? Genau: Gepäck. Nie wieder fahre ich mit Rucksack! Nicht nur bergauf schlägt das Gewicht brutal zu. Auch bergab hat mich der Rucksack massiv gestört, er macht die Abfahrten unsicherer. Ein Rucksack degradiert jeden Rennradfahrer zum Touristiker. Das nächste Mal werde ich ein Basislager oder eine Tour mit Begleitfahrzeug buchen.
  • Eat, sleep, pedal: Aus diesen drei Zutaten besteht eine Rennradtour, und dazu passen meiner Meinung nach am besten einfache, gut geführte Hotels. Für Wellness oder Sightseeing ist eh keine Zeit.
  • Auch zukünftig werde ich mir Strecken nicht nach prominenten Pässen, sondern nach Landschaften aussuchen. Palmarès (Rennrad-Slang für: Liste der eigenen Ruhmestaten) sind mir komplett egal. Schön ist es immer drumherum, und am schönsten dort, wo keine breiten Straßen entlangführen. Mitterberg, Meniggrund, Les Voëttes, Les Agites: Kennt keiner? Auch das macht den Reiz dieser Orte aus. 
  • Die Schweiz ist gar nicht so teuer! Okay, es ist die Schweiz, aber wer ein bisschen Acht gibt, findet dennoch einigermaßen erschwingliche Hotels. Und in den abgelegeneren Regionen sind auch die Preise in den Gaststätten akzeptabel.
  • Ich bin kein Mann für über zehn Prozent, war es noch nie und werde es nie sein. Am ehesten liegen mir gleichmäßige Steigungen. Pordoijoch, ich komme!
  • In Blutsaugerkreisen wird mein Blut international offenbar als Delikatesse geschätzt. Oder warum sonst fange ich mir an jedem Bauernhof, an dem ich anhalte, gleich zwei Bremsenbisse ein? Und in der Schweiz ist nahezu überall, wo man anhält, Landwirtschaft in der Nähe. Aua.
  • Bahnfahren in der Schweiz ist ein Genuss - auch und vor allem mit Velo. Denke an ein Einhorn, Keksgeruch, Mozarts Andante: So etwa fühlt sich Bahnfahren in der Schweiz an. Die Summe aller Teile ist es, die für entspanntes Reisen sorgt:
    • Der arkadische Wohlklang und freundliche Duktus sämtlicher Durchsagen in den Zügen wie auf den Bahnhöfen. Keine maroden Lautsprecher, kein geheucheltes "ßänk ju for träweling", keine Knödelbayern im Föhrerstand.
    • Die Bahnen sind hell und freundlich, nichts scheppert oder dröhnt, das Raumgefühl ist um Längen besser als in den klaustrophobischen Röhren des deutschen Zugmaterials.
    • Zwei Minuten zum Umsteigen reichen völlig: Sind das andere zwei Minuten als in Deutschland oder in der Pariser Metro? Und falls doch mal Personen im Wege stehen, sind es Asiaten, denen das verziehen sei. Wäre ich in Korea unterwegs, würde ich mit meiner Verpeiltheit im Alleingang den Bahnbetrieb eines Viertel Subkontinents lahmlegen.
    • Für Fahrräder sind Stellplätze in ausreichender Zahl vorhanden, sie sind gut zugänglich, die Schaffner hilfsbereit und kompetent.
    • Jederzeit kann ein Matterhorn vor dem Zugfenster auftauchen.
    • Alles funktioniert. Und vor allem: Weil es die Schweiz ist, haben alle die Ruhe weg.
    • Wer den Glauben an den zivilisatorischen Fortschritt verloren hat, der fahre Bahn in der Schweiz!
  • Als ich im Diemtigtal Pause machte, ist in Rastatt der Tunnel eingesackt. Vollsperrung auf der Rheintrasse: Das wäre eine interessante Heimreise mit der Bahn geworden. Aber auch Autovermietungen haben ihre Tücken ...
  • Zu meiner Wahl des mir aufgenötigten Transportmittels für die Anreise: Avis sucks, der Opel Meriva ist eine Wichskiste.

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